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Bei Gelegenheit berichten wir auf dieser Seite über neue Entwicklungen, Entscheide, Ereignisse und Tipps
im Bereich des Rechts:

Kleine Auswahl neuer Schweizer Gesetzesbestimmungen in 2020

Das neue Jahr bringt auch neue Gesetzesbestimmungen. Hier eine kleine Auswahl der neuen Bestimmungen:

1. Revision des Verjährungsrechts

Per 1. Januar 2020 wurden verschiedene Bestimmungen des Verjährungsrechts angepasst. Zivilrechtliche Forderungen können nicht ewig geltend gemacht werden, sondern nach einer bestimmten Zeit kann der Schuldner der Forderung die Zahlung verweigern – eben die Verjährung geltend machen. Wann eine Forderung verjährt, bestimmt sich nach der Art der Forderung. Forderungen aus Vertrag verjähren grundsätzlich nach Ablauf von 10 Jahren.

Eine Verjährung kann gehemmt werden – d.h. die Verjährungsfrist steht während einer gewissen Zeit still und läuft dann weiter. Oder die Verjährung kann unterbrochen werden – d.h. durch eine bestimmte Handlung beginnt eine neue, gleich lang dauernde Verjährungsfrist.

1.1. Parteien können neu einen Stillstand der Verjährung vereinbaren

Neu ermöglicht das Gesetz einen Stillstand der Verjährung, wenn die Parteien dies für die Dauer von Vergleichsgesprächen, Mediationsvereinbarungen oder anderen Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung vereinbaren (Art. 134 Abs. 1 Ziff. 8 OR). Die Vereinbarung kann nicht einfach irgendwie erfolgen, sondern muss schriftlich abgeschlossen werden, d.h. sie muss grundsätzlich gegenseitig und eigenhändig unterschrieben sein (Art. 13 OR und Art. 14 OR).

1.2. Änderungen zum Verzicht auf die Verjährung

Nach bisheriger Rechtslage konnte nicht zum Voraus auf die Verjährung verzichtet werden, d.h. erst nach einem Vertragsabschluss (BGE 132 III 226 E. 3.3.7). Neu kann auf die Verjährung erst nach Beginn der Verjährung verzichtet werden (Art. 141 Abs. 1 OR). Das kann zu Komplikationen führen. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit der Fälligkeit einer Forderung, also ab dem Zeitpunkt, an dem die Erfüllung der Forderung verlangt werden kann. Da unter Umständen Unsicherheit bestehen kann, wann dies ist, könnte es nun vorkommen, dass Parteien – z.B. wie bisher während Vergleichsverhandlungen – einen Verzicht auf die Verjährung vereinbaren und diese sich im Nachhinein als ungültig herausstellt. Die Forderung wäre dann also bereits verjährt (vgl. hierzu und für eine vertiefte Auseinandersetzung Pichonnaz, Das revidierte Verjährungsrecht: drei bemerkenswerte Punkte, SJZ 115/2019, S. 739 ff.).

Auch die Dauer des Verzichts wird neu auf 10 Jahre begrenzt.

1.3. Verjährungsfrist bei Personenschäden wird verdoppelt

Im Delikts- und Bereicherungsrecht wird die relative Verjährungsfrist von bisher einem Jahr auf neu drei Jahre verlängert. Das heisst der Anspruch auf Schadenersatz verjährt neu mit Ablauf von drei Jahren – anstatt bisher einem Jahr – ab dem Tag, an dem der Geschädigte vom Schaden und von der Person des Schädigers Kenntnis erlangt hat.

Die absolute Verjährungsfrist bleibt, wie bisher, bei 10 Jahren. Das heisst, der Schadenersatzanspruch kann maximal 10 Jahre seit der schädigenden Handlung geltend gemacht werden. Erhält der Geschädigte nach mehr als 10 Jahren Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers, gilt der Schadenersatzanspruch als verjährt.

Bei Personenschäden aber (also bei Schäden wegen Körperverletzung oder Tötung) sieht das Gesetz neu eine Verdoppelung dieser maximalen Verjährungsfrist vor. Die absolute Verjährungsfrist beträgt hier neu 20 Jahre anstatt bisher zehn Jahre.

Anlass zur Gesetzesänderung gab die Situation von asbestgeschädigten Personen, deren Ansprüche nach bisherigem Recht meist verjährten, lange bevor die Krankheit überhaupt ausgebrochen war. In diesem Zusammenhang hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Entscheidung vom 11. März 2014 im Fall „Howald Moor et al. v. Switzerland“ (Geschäfts-Nr. 52067/10 und 41072/11) entschieden, dass eine zehnjährige Verjährungsfrist im Fall eines Asbestopfers zu kurz ist.
Bereits verjährte Forderungen leben durch die Gesetzesänderung nicht neu auf.

1.4. Relative Verjährungsfrist von drei Jahren bei vertraglichen Schadenersatzforderungen für Personenschäden

Für Schadenersatzforderungen, welche auf eine Vertragsverletzung zurückgeführt werden können, sah das Gesetz bisher eine allgemeine Verjährungsfrist von 10 Jahren vor. Neu wird durch Art. 128a OR eine neue, separate Kategorie geschaffen: „Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung“. Einerseits wird bei solchen Konstellationen die absolute Verjährungsfrist ebenso auf 20 Jahre verdoppelt. Andererseits wird aber eine relative Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens eingeführt. Sobald es um einen Körperschaden geht und dieser auf eine Vertragsverletzung zurückzuführen ist, muss der Geschädigte also neu schneller aktiv werden als zuvor – eben innerhalb von drei (statt zehn) Jahren.

1.5. Anpassung der Verjährung im Fall eines gleichzeitigen Strafverfahrens

In Art. 60 Abs. 2 OR wird der Gesetzestext entsprechend der bisherigen Rechtsprechung angepasst. Im Fall eines Strafverfahrens im Zusammenhang mit derselben Schädigung ist für die Verjährung die längere strafrechtliche Verfolgungsverjährung massgebend. Kann die strafrechtliche Verjährung nicht mehr eintreten, weil im Strafverfahren ein erstinstanzliches Urteil gefällt wurde, läuft die zivilrechtliche Verjährung drei Jahre nach Eröffnung des Urteils im Strafverfahren weiter.

1.6. Präzisierung der Wirkung der Verjährungsunterbrechnung gegen Solidarschuldner

Art. 136 Abs. 1 OR präzisiert die Rechtslage für Forderungen gegen Schuldner, die gemeinsam haften. Beruht eine Unterbrechung der Verjährung auf einer Handlung des Gläubigers (also z.B. durch eine Betreibung, ein Schlichtungsbegehren etc.) wirkt sie gegen alleSchuldner. Beruht die Unterbrechung aber auf einer Handlung des Schuldners (z.B. durch Schuldanerkennung), wirkt sie nur für diesen Schuldner. Das heisst also: Nur für diesen Schuldner beginnt eine neue, gleich lang dauernde Verjährungsfrist.

1.7. Verjährungsunterbrechnung gegen Versicherungen

​Neu ist insbesondere, dass eine Unterbrechung gegenüber dem Versicherer auch gegenüber dem Schuldner wirkt und umgekehrt – sofern ein direktes Forderungsrecht gegen den Versicherer besteht (wie z.B. im Strassenverkehrsrecht, Art. 65 Abs. 1 SVG).

1.8. Verjährung von Regressansprüchen

Für Regressansprüche sieht Art. 139 OR neu vor: Hat ein Mitschuldner eine Forderung des Gläubigers erfüllt, kann er innerhalb von drei Jahren seit der Erfüllung und seit Kenntnis des anderen Mitschuldners auf diesen Rückgriff nehmen.

2. Höchstzinssatz für Konsumkredite bleibt unverändert

Gemäss Art. 1 der Verordnung des EJPD über den Höchstzinssatz für Konsumkredite bleibt der Höchstzinssatz für Konsumkredite für das Jahr 2020 unverändert und beträgt 10 % bei Barkrediten beziehungsweise 12 % bei Überziehungskrediten.

3. Anlegerschutz

​Per 1. Januar 2020 ist das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) zusammen mit den Ausführungsverordnungen in Kraft getreten. Dadurch wird der Anlegerschutz verbessert. Das Finanzdienstleistungsgesetz regelt, wie Kunden über Finanzinstrumente informiert werden müssen. Mit dem Finanzinstitutsgesetz sind neu auch unabhängige Vermögensverwalter und Trustees einer Aufsicht unterstellt.

4. Änderungen des Steuerrechts

Die kantonalen Steuerprivilegien für Holdings und andere Statusgesellschaften werden abgeschafft. Die Schweiz reagiert damit auf internationalen Druck. Gleichzeitig werden international akzeptierte Vergünstigungen eingeführt, darunter die Patentbox und der erhöhte Forschungsabzug.

Per 1. Januar 2020 trat das Bundesgesetz vom 28. September 2018 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung in Kraft. Das bisherige Steuerrecht erlaubte verschiedene Steuerprivilegien in den Kantonen für sogenannte Statusgesellschaften, d.h. Gesellschaften, deren Geschäftstätigkeit im Verwalten von Beteiligungen lag (Holdinggesellschaften), die hauptsächlich Verwaltungstätigkeiten ausübten oder deren Geschäftstätigkeit überwiegend auslandsbezogen war. Auf ausländischen Druck hin wurden diese Steuerprivilegien nun abgeschafft. Um die Abwanderung von Statusgesellschaften aus der Schweiz zu verhindern, schafft die Steuerreform Spielraum für neue Steuerprivilegien.

Ein Beispiel ist die sogenannte Patentbox. Das bedeutet, dass Erträge aus Patenten und anderen Immaterialgüterrechten milder besteuert werden können. Die Entlastung darf maximal 90 % betragen.

Ein weiteres Beispiel ist der Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwand, d.h. nebst dem geschäftsmässigen Aufwand für Forschung und Entwicklung kann ein zusätzlicher Abzug von 50% vorgenommen werden. Dadurch soll ein langfristiger Anreiz geschaffen werden für den Erhalt und die weitere Ansiedlung von Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in der Schweiz.

​In den meisten Kantone werden zusätzlich die allgemeinen Steuersätze reduziert.

​Diese Übersicht ersetzt natürlich im konkreten Fall nicht die Beratung mit einem kompetenten Anwalt.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Unternehmen viel Erfolg in 2020 und stehen Ihnen für eine Beratung gerne zur Verfügung!